Wie Glaube an Tiefe gewinnt

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Predigt - Wie Glaube an Tiefe gewinnt
Liebe Gemeinde,
haben sie das schon erlebt, was man in christlichen Kreisen Glaubensprüfung nennt, schwere Situationen im Leben und im Glauben als Christ. Sei es Krankheiten. der Tod von Angehörigen, lange Leidenszeit oder materielle Verluste. Manchmal kann man etwas selber dafür, ein anderes Mal kommt es über einen. Es können auch mehrere Situationen, Schicksalsschläge, die man mit einem Mal erfährt.
Dann stellen wir die Frage, wo ist Gott, wo wirkt er? Hat er uns nicht seinen Segen zugesagt? Doch was passiert jetzt?
Vor über 2000 Jahren erlebte eine junge Frau einen solchen Schicksalsschlag. Sie wurde schwanger.
Normalerweise ist das etwas Frohmachendes. Doch ihre Lebensumstände waren anders. Sie war nicht verheiratet. Sie war mit einem Mann verlobt, von dem sie nicht schwanger war. Das war recht schwierig. Sie hatte aber eine schicksalhafte Begegnung mit einem Engel, die ihr trotzdem Glaubensgewissheit gab. Am Ende wurde ihr Glaube gestärkt. Dann waren noch Menschen, die ihr beistanden.
Wir haben es vorhin im Evangelium gehört.
Ich lese es noch einmal nach der Neuen Züricher Übersetzung: Lukas 1,39-56
39 Nicht lange danach machte sich Maria auf den Weg ins Bergland von Juda. So schnell sie konnte, ging sie in die Stadt,
40 in der Zacharias wohnte. Sie betrat sein Haus und begrüßte Elisabeth.
41 Als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib. Da wurde Elisabeth mit dem Heiligen Geist erfüllt
42 und rief laut: »Du bist die gesegnetste aller Frauen, und gesegnet ist das Kind in deinem Leib!
43 Doch wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?
44 In dem Augenblick, als ich deinen Gruß hörte, hüpfte das Kind vor Freude in meinem Leib.
45 Glücklich bist du zu preisen, weil du geglaubt hast; denn was der Herr dir sagen ließ, wird sich erfüllen.«
46 Da sagte Maria: »Von ganzem Herzen preise ich den Herrn,
47 und mein Geist jubelt vor Freude über Gott, meinen Retter.
48 Denn er hat mich, seine Dienerin, gnädig angesehen, eine geringe und unbedeutende Frau. Ja, man wird mich glücklich preisen – jetzt und in allen kommenden Generationen.
49 Er, der Mächtige, hat Großes an mir getan. Sein Name ist heilig,
50 und von Generation zu Generation gilt sein Erbarmen denen, die sich ihm unterstellen.
51 Mit starkem Arm hat er seine Macht bewiesen; er hat die in alle Winde zerstreut, deren Gesinnung stolz und hochmütig ist.
52 Er hat die Mächtigen vom Thron gestürzt und die Geringen emporgehoben.
53 Den Hungrigen hat er ´die Hände` mit Gutem gefüllt, und die Reichen hat er mit leeren Händen fortgeschickt.
54 Er hat sich seines Dieners, ´des Volkes` Israel, angenommen, weil er sich an das erinnerte, was er unseren Vorfahren zugesagt hatte:
55 dass er nie aufhören werde, Abraham und seinen Nachkommen Erbarmen zu erweisen .«
56 Maria blieb etwa drei Monate bei Elisabeth und kehrte dann nach Hause zurück.
Liebe Gemeinde,
In unserer evangelischen Verkündigung kommt Maria nur selten vor. Als Evangelische sind wir gegenüber der katholischen Marienverehrung zurückhaltend. Wir werden damit der Mutter von Jesus nicht gerecht. Wir schütten sozusagen das Kind mit dem Bade aus, in dem wir alles Marienhafte ablehnen. Doch gerade sie kann uns heute ein Vorbild sein, wie Glaube wachsen kann, auch in und durch schicksalhaften Lebenserfahrungen,
dadurch, dass wir Wegbegleiter finden und uns gegenseitig als Brüder und Schwestern ermutigen,
dadurch, dass Gott uns anspricht und wir bereit sind uns ihm zu öffnen,
dadurch, dass wir Gottes Pläne versuchen zu verstehen und ihm unseren Dank bringen und singen.
1. Maria ist in Eile. Sie ist auf dem Weg zu ihrer Verwandten Elisabeth, zu einer kleine Stadt im Gebirge nahe Jerusalems. Sie ist in Eile, weil sie tief erschüttert ist von dem, was sie erlebt hat.
Sie, das junge Mädchen, hatte Besuch von Gottes Engel, der ihr ein Kind ankündigte. Was ging ihr da alles durch den Kopf?
Da konnte man nur denken, dass sie ihrem Verlobten Josef untreu geworden war? Etwas das mehr war als eine Schande, es zieht die Todesstrafe nach sich. Daher ist es schon ein Wunder, wenn das Kind überhaupt das Licht der Welt erblicken würde.
Maria ist in Eile, weil der Engel ihr erzählt hat, dass ihre Verwandte, die Elisabeth, auch in eine seltsame Situation geraten ist. Sie hatte nie Kinder bekommen. Jetzt, wo sie zu alt dazu war, war sie schwanger geworden.
Das junge Mädchen ist dankbar, eine ältere Person zu haben, mit der sie reden konnte. Elisabeths eigene Lage lässt sie Maria verstehen, dass Gott manchmal seltsam handelt.
Es ist nicht einfach, wenn Gott uns zu seinen Mitarbeitern erklärt. Es kann uns schwer fallen, ihm zu vertrauen, weil es eigentlich unmöglich ist, was er da vorhat.
Darum schickt später Jesus seine Jünger zu zweit los, als sie durchs Land ziehen und von Gottes Reich erzählen. Darum ist jeder Christ Teil einer Gemeinde, wie ein Glied am Körper. Ohne den Körper kann das Glied nicht wachsen, nichts tun, nicht einmal überleben. Im Miteinander kommt unser Glaube zur Entfaltung. Gott stellt uns Menschen an die Seite, damit unser Glaube an seinen Aufgaben und Fragen wachsen kann. Darum müssen wir uns fragen: Wie können wir solche Wachstums-Orte in unserer Gemeinde noch bewusster fördern?
2. Maria ist wohl erschrocken über die Engelsbotschaft, aber sie hat sich dieser Botschaft nicht verweigert.
Das sieht auch Elisabeth. Elisabeth verweigert das Handeln Gottes nicht an ihr. Anders dagegen ihr Mann Zacharias. Er konnte dem Engel, den er gesehen hatte, nicht glauben. Seitdem war das Gespräch zwischen ihm und seiner Frau verstummt. Seitdem konnten sie sich einander nicht mehr ermutigen. Elisabeth weiß, welcher Segen verloren gegangen ist, wenn das Herz sich in dem Augenblick verschließt, in dem Gott redet.
Maria hat sich geöffnet. Sie vertraute, auch wenn sie noch nicht begreifen konnte, was mit ihr vorging. Sie war bereit, Gott handeln zu lassen.
Bei Elisabeth begreift sie so langsam, welches Vorrecht es ist, wenn Gott einen Menschen ansieht, welch ein Wunder es ist, dass Gottes Heiland ausgerechnet in einer Frau heranwächst, die sich durch nichts vor den anderen auszeichnet, in einem einfachen Mädchen der Kleinstadt Nazareth. Und sie ist dabei, an vorderster Front.
Dazu schreibt Kurt Henning: Gott baut sein Reich »mit so einer Maria, mit so einer Handvoll treuer Helferinnen, die ihren Gemeindebezirk für ›Brot für die Welt‹ abklappern,
mit ein paar Posaunenspielern, die umsonst spielen und beim Kurrendeblasen kalte Füße kriegen ... mit ein paar Jugendleitern im CVJM, mit ein paar stillen Betern im Altersheim, mit ein paar christlichen Fabrikanten, die über jedes anständige Maß hinaus dauernd angebettelt werden ...
Mit ihnen bereitet er seinen großen, letzten Advent vor«
3. Der tiefe Einblick in Gottes Plan lässt Maria singen. Es ist so, als würde jemand aus lauter Freude ein Paul-Gerhardt-Lied oder einen Song aus einem Lobpreis-Liederbuch trällern.
Maria gebraucht Worte, die ihr aus den Psalmen und Propheten ihrer Bibel bekannt sind. Sie wurden ihr von Kind auf vertraut gemacht. Darum ist die Arbeit mit Kindern in einer Gemeinde so wichtig.
In Maria entsteht nicht ein neuer Glaube, sie ist jetzt getragen von dem, was in ihr durch eine, wir würden sagen christliche Erziehung angelegt worden ist. Der Boden ist bereitet für das, was jetzt in ihr aufwächst, was da an Tiefe gewinnt und was Gott gebrauchen kann, um sein ewiges Reich zu bauen.
Maria weiß es schon, was Gott für die Zukunft im Sinn hat und was Jesus dann in seinen Erdentagen lebt: dass die Hochmütigen beschämt werden, weil sie unter Gottes Augen klein beigeben müssen (z.B. Joh 8,9; Lk 18,9-14); dass die, die das Sagen haben, nichts mehr verstehen und die Verachteten zum Zuge kommen (Mt 11,25; 20, 25-28; Lk 23,43); dass die Hungrigen satt werden, wo eigentlich nichts ist (Lk 9,10-17).
Jesus ist erst der Anfang. Seine Zeit ist der Beginn einer Zukunft, in der die Maßstäbe Gottes weltweit gelten werden. Wie die lukanische Geschichte von der Geburt von Jesus ist die biblische Offenbarung voll von Lobliedern. Die Lieder spüren Gottes Spuren nach, die er in der großen Weltgeschichte hinterlassen hat und hinterlassen wird. Über allem aber ist es das größte Glück Marias, dass sie versteht: Gott steht zu seinem Wort. Er ist verlässlich und nicht vergesslich.
Noch einmal Kurt Henning: »Und es gilt auch für unsere Kirche, für Gottes Volk. Maria singt hier ja kein Solo, sondern in ihr, mit ihr und wie sie singt die ganze Kirche. Darum hat diese Kirche – und das sind wir alle – dieselbe Aufgabe wie die Mutter des Herrn: den Heiland zur Welt zu bringen ... Die Kirche bringt den Heiland zur Welt, wie ein Bote ein Paket bringt, also als missionierende Kirche, die der Welt das Beste und das Einzige bringt, was sie ewig retten kann: Christus, den Herrn«
Übrigens: das Lied der Maria, nach dem lateinischen Anfangswort Magnificat genannt, hat sich deshalb in der kirchlichen Tradition so erhalten, weil es liturgisch das musterhafte Abendgebet der Kirche ist. Ich meine, es ist nicht das Schlechteste, wenn wir am Ende eines Tages und auch am Ende aller Tage sagen können: »Meine Seele erhebt den Herrn. ... Denn er hat große Dinge an mir getan, der da mächtig ist und dessen Name heilig ist« (V. 46.49).
Darum noch einmal – lasst uns von Maria lernen:
dass wir Wegbegleiter finden und uns gegenseitig als Brüder und Schwestern ermutigen,
dass Gott uns anspricht und wir bereit sind uns ihm zu öffnen,
dass wir Gottes Pläne versuchen zu verstehen und ihm unseren Dank bringen und singen.
Amen.
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