Wo ist Gott?

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Wo ist Gott?

Liebe Gemeinde,
ich habe zu Haus ein Buch mit dem Titel „Der Glaube im Kreuzverhör“.
Darin geht es über Glaube und Zweifel.
Es bewegt die Frage, ob es möglich – ja sogar vernünftig ist zu glauben – obwohl man Zweifel hat?
In diesem Buch wird von Eli Wiesel, einem Überlebenden des Holocaust und späteren US-Journalisten, Schriftsteller und Friedensnobelpreisträger berichtet. Er schreibt in seinem Buch „Die Nacht“ von seiner ersten Nacht im KZ Ausschwitz:
"Nie werde ich diese Nacht vergessen, die erste Nacht im Lager, die aus meinem Leben eine siebenmal verriegelte lange Nacht gemacht hat. Nie werde ich diesen Rauch vergessen. Nie werde ich die kleinen Gesichter der Kinder vergessen, deren Körper vor meinen Augen als Spiralen zum blauen Himmel aufstiegen. Nie werde ich die Flammen vergessen, die meinen Glauben für immer verzehrten. Nie werde ich das nächtliche Schweigen vergessen, das mich in alle Ewigkeit um die Lust am Leben gebracht hat. Nie werde ich die Augenblicke vergessen, die meinen Gott und meine Seele mordeten, und meine Träume, die das Antlitz der Wüste annahmen. Nie werde ich das vergessen, und wenn ich dazu verurteilt wäre, so lange wie Gott zu leben. Nie..."
Wer von uns würde nicht auch in so einer Situation die Frage stellen: „Wo ist Gott?“
Das ist eine Frage, bei der man nicht ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen kann. Eine Frage, auf die wir auch keine letztgültige Antwort finden. Aber es ist eine Frage, die uns und viele unserer Mitmenschen umtreibt.
Denn auch wir selber haben Situationen und Momente in unserem Leben, wo wir diese Frage stellen und vielleicht keine Antwort darauf finden.
Situationen im Leben, welche uns umtreiben. Schwere unheilbare Krankheit – wie Krebs oder AIDS oder Behinderungen. Da werden behinderte Kinder geboren. Der Ehepartner stirbt, noch nicht alt.
Wen würde da nicht die Frage bewegen: „Wo ist Gott?“
Eltern müssen ihre Kinder begraben. Da kommt ein junger Mensch durch einen Autounfall um leben.
Terror im Land – denken wir nur an die Opfer von Paris.
Da wird ein 9jähriges Mädchen missbraucht und getötet.
Menschen flüchten vor den Kriegswirren und kommen dabei elend um.
Wen würde da nicht jetzt diese Frage umtreiben „Wo ist Gott?“
Ich könnte das immer weiter fortsetzen. Das ist unsere Welt, in der wir leben. Sicher gibt es auch Farbflecken und Erfreuliches. Doch das Leid zieht uns herunter, auch uns Christen.
Nun wir kennen nicht alle Lösungen für unsere Probleme und manchmal gibt es auch keine.
Doch das ist die Botschaft dieses Tages: Gott will uns, gerade in diesen Situationen beistehen und nahe sein.
Einer, der das selbst am eigenem Leben erlebt und erfahren hat, ist der Apostel Paulus, auch gerade im Umgang mit den Christen in Korinth. Darum schreibt er an sie in seinem 2. Brief an die Korinther Kapitel 1.
Ich lese den Text wieder nach der Neuen Genfer Übersetzung:
2 Corinthians 1:3–7 NGÜ NT+PS
3 Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Denn er ist ein Vater, der sich erbarmt, und ein Gott, der auf jede erdenkliche Weise tröstet und ermutigt. 4 In allen unseren Nöten kommt er uns mit Trost und Ermutigung zu Hilfe, und deshalb können wir dann auch anderen Mut machen, die sich ebenfalls in irgendeiner Not befinden: Wir geben ihnen den Trost und die Ermutigung weiter, die wir selbst von Gott bekommen. 5 Genauso nämlich, wie wir in ganz besonderem Maß an den Leiden von Christus teilhaben, erleben wir durch Christus auch Trost und Ermutigung in ganz besonderem Maß. 6 Wenn wir also Nöte durchmachen, geschieht das, damit ihr die mutmachende und rettende Kraft Gottes erlebt. Und wenn wir getröstet und ermutigt werden, bedeutet das auch für euch Trost und Ermutigung; es hilft euch, standhaft die gleichen Leiden zu ertragen wie wir. 7 Deshalb sind wir voll Hoffnung und Zuversicht, wenn wir an euch denken, denn wir wissen: Genauso, wie ihr an den Nöten teilhabt, habt ihr auch an dem Trost und der Ermutigung teil.
3 Gepriesen sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Denn er ist ein Vater, der sich erbarmt, und ein Gott, der auf jede erdenkliche Weise tröstet und ermutigt.
4 In allen unseren Nöten kommt er uns mit Trost und Ermutigung zu Hilfe, und deshalb können wir dann auch anderen Mut machen, die sich ebenfalls in irgendeiner Not befinden: Wir geben ihnen den Trost und die Ermutigung weiter, die wir selbst von Gott bekommen.
5 Genauso nämlich, wie wir in ganz besonderem Maß an den Leiden von Christus teilhaben erleben wir durch Christus auch Trost und Ermutigung in ganz besonderem Maß.
6 Wenn wir also Nöte durchmachen, geschieht das, damit ihr die Mut machende und rettende Kraft Gottes erlebt. Und wenn wir getröstet und ermutigt werden, bedeutet das auch für euch Trost und Ermutigung; es hilft euch, standhaft die gleichen Leiden zu ertragen wie wir.
7 Deshalb sind wir voll Hoffnung und Zuversicht, wenn wir an euch denken, denn wir wissen: Genauso, wie ihr an den Nöten teilhabt, habt ihr auch an dem Trost und der Ermutigung teil.
Liebe Gemeinde,
manchmal hört man bei Evangelisten und Predigern als Hauptaussage ihrer Verkündigung „Mit Jesus wird alles gut!“
Man hat fast den Eindruck, dass da bei dem, der an Jesus glaubt, mit einem Schlag alles Sorgen und Nöte verschwunden sind.
Aber ist das wirklich so?
Passiert nicht manchmal genau das Gegenteil. Da wird jemand Christ und seine Nöte und Sorgen fangen damit erst richtig an?
Und überhaupt auch Christen leiden unter dem Verlust eines geliebten Menschen. Auch Christen kommen in schwere Depressionen und finden nur schwer aus ihnen heraus. Gott lässt Leiden und Krankheiten auch im Leben von uns Christen zu.
Möchten wir nicht eigentlich, dass unser Leben wie eine Rose aufblüht, jedoch ohne Dornen.
Warum Gott so manches schwere Leiden auch im Leben von Christen zulässt, das wissen wir meistens nicht.
Aber wir wissen eines, Gott hat selber gelitten.
Als Jesus da am Kreuz von Golgatha hing und schrie: »Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?«, hat er selber auf diese große Frage die einzige uns tröstende Antwort gegeben. Er konnte sie geben, weil er selber von Gott getröstet wurde: »Ich befehle meinen Geist in deine Hände« (Lk 23,46).
Dieses Wort stammt aus dem Psalm 31,6 hat noch eine tröstende und aufrichtende Fortsetzung, die Jesus sicher auch weiter gebetet hat: »… du hast mich erlöst, Herr, du treuer Gott.«
Wir werden nicht in aller Trübsal und allem Leiden eine Antwort auf das »Warum« finden. Aber wir sollten auch nicht bei dieser offenen Frage stecken bleiben.
Nein der Apostel Paulus ermutigt uns gerade in dieser Situation ganz neu das Vertrauen in Gottes Führung zu finden.
Er schreibt zu uns: „In allen unseren Nöten kommt er uns mit Trost und Ermutigung zu Hilfe.“
Sicher ist das nicht einfach und leicht.
Im Leiden folgen wir Christus nach, der für uns gelitten hat. So leiden wir auch noch mit ihm und legen im Leiden unser Leben in seine Hände.
Friedrich von Bodelschwingh schreibt dazu:
»Seitdem der allerdunkelste Weg, der je auf Erden beschritten worden ist, der Weg des Menschensohnes nach Golgatha, längst im allerhellsten Glanz der Liebe Gottes als ein Segens- und Friedensweg ohnegleichen strahlt, dürfen wir gewiss sein, dass unsere dunkelsten Wege noch einmal im hellsten Licht der Liebe Gottes strahlen werden.«
Noch einmal Paulus:
„Denn er ist ein Vater, der sich erbarmt und ein Gott, der auf jede erdenkliche Weise tröstet und ermutigt.“ So erfährt der Apostel Paulus Gott, trotz allem Leid, trotz aller Ungerechtigkeit, trotz allem Elend, trotz aller Krankheit, trotz Verfolgung und Tod. So stellt er ihn uns vor.
Aber Paulus bleibt nicht stehen, sondern geht weiter. Die Erfahrung des Leides in unserem eigenen Leben und die Erfahrung des Trostes durch Gott setzt in Bewegung. So schreibt Paulus weiter:
„In allen unseren Nöten kommt Gott uns mit Trost und Ermutigung zur Hilfe, und deshalb können wir auch anderen Mut machen, die sich ebenfalls in irgendeiner Not befinden: Wir geben ihnen den Trost und die Ermutigung weiter, die wir selbst von Gott bekommen.“
Genau das durchlitt und durchlebte Gott Friedrich von Bodelschwingh und seine Frau. Gott nahm den Eltern vom 12.-25.1. 1869 ihre vier Kinder. Sie starben alle an Keuchhusten und Lungenentzündung. Zu einem trauernden Vater sagte er dann später: »Damals, als unsere vier Kinder gestorben waren, merkte ich erst, wie hart Gott gegen Menschen sein kann, und darüber bin ich barmherzig geworden gegen andere.«
Danach begann Bodelschwingh mit seiner eigentlichen Lebensaufgabe, die Übernahme und den weiteren Ausbau der Bodelschwinghschen Stiftung in Bethel. Dem Ehepaar von. Bodelschwingh wurden später noch einmal vier Kinder geschenkt.
Natürlich sollten wir nicht leichtfertig über Leid und Trübsal hinwegsehen, sie sind da und sind Bestandteil unseres Lebens. Doch wir sollten uns ermutigen lassen bei Gott den Trost zu suchen und auch zu finden. Denn nur der, der selber Getröstet ist kann andere trösten. Richtig trösten können nur die, die selbst in ihrem Leben Leid und Trübsal und eben auch Trost erfahren haben.
Es ist der Trübsal-Trost, der Trost aus der Trübsal.
Vielleicht kann man das Leben mit Jesus Christus wie eine Rose mit wunderschönen Blüten vergleichen, die aber dennoch auch harte und spitze Stacheln hat.
Das Leben eines Christen ist trotz der Erfahrung des Leides und der Trübsal schön.
Wenn uns als Christen manchmal versprochen wird. „Mit Jesus wird alles gut und besser., dann stimmt das eben nur in der Richtung, wie sie der Apostel Paulus deutlich macht:
„Genauso nämlich, wie wir in ganz besonderem Maß an den Leiden von Christus teilhaben, erleben wir durch Christus auch Trost und Ermutigung in ganz besonderem Maß.
Wenn wir also Nöte durchmachen, geschieht das, damit ihr die Mut machende und rettende Kraft Gottes erlebt.
Und wenn wir getröstet und ermutigt werden, bedeutet das auch für euch Trost und Ermutigung; es hilft euch, standhaft die gleichen Leiden zu ertragen wie wir. „
Das Leiden und der dann erfahrene Trost machen uns als Christen glaubhafter in unserem Leben und in unserem Dienst an anderen Menschen.
Nehmen wir das heute als Gewissheit mit nach Hause:
Gott lässt uns im Leiden nicht allein.
Je größer das Leid, desto größer die Nähe von Jesus Christus und desto größer sein Trost aus Liebe zu uns.
Liebe und Leid gehören auch hier zusammen.
Unser Leben mit Christus soll aufblühen wie eine Rose und gerade mit den Dornen echt und schön sein. Rosen ohne Dornen sind keine echten Rosen.
Ein Christ ohne Leiden um Christus willen muss sich fragen, ob er ein echter Christ ist. Ein Christ aber, egal in welchem Leiden, soll aufblühen zum Lob der Liebe Gottes.
Einen schöneren Sinn für unser Leben und einen tieferen Sinn für unser Leiden kann es nicht geben.
Amen
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