Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

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Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein.

Predigt zu Johannes 8,3-11
John 8:3–11 BB
3 Da brachten die Schriftgelehrten und die Pharisäer eine Frau herbei, die beim Ehebruch überrascht worden war. Sie stellten sie in die Mitte 4 und sagten zu Jesus: »Lehrer, diese Frau da wurde auf frischer Tat beim Ehebruch überrascht. 5 Im Gesetz schreibt uns Mose vor, solche Frauen zu steinigen. Was sagst nun du dazu?« 6 Das fragten sie, um ihn auf die Probe zu stellen und dann anklagen zu können. Aber Jesus beugte sich nur nach vorn und schrieb mit dem Finger auf die Erde. 7 Als sie nicht aufhörten zu fragen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer von euch ohne Schuld ist, soll den ersten Stein auf sie werfen!« 8 Dann beugte er sich wieder nach vorn und schrieb auf die Erde. 9 Als sie das hörten, ging einer nach dem anderen fort, die Älteren zuerst. Jesus blieb allein zurück mit der Frau, die immer noch dort stand. 10 Er richtete sich auf und fragte: »Frau, wo sind sie? Hat dich niemand verurteilt?« 11 Sie antwortete: »Niemand, Herr.« Da sagte Jesus: »Ich verurteile dich auch nicht. Geh, und lad von jetzt an keine Schuld mehr auf dich.« ]
Liebe Gemeinde,
in München findet zurzeit der Prozess gegen Beate Zschäpe statt. Sie ist die Letzte der Drei vom NSU-Trio, die in vergangenen 14 Jahren 10 Morde oder und Mordversuche und einige Überfälle begangen haben.
Wer den Prozess beobachtet, ist richtig erschrocken mit welcher Kälte und Arroganz diese Frau im Prozess auftritt.
Das kommt man wirklich ins Fragen: Kann man solchen Leuten wie Beate Zschäpe gegenüber jemals barmherzig sein? Gibt es da nicht eine Grenze für die Barmherzigkeit?
Gibt es nicht auch Schuld, die wirklich abgeurteilt werden muss, die man nicht vergeben kann, und Urteile, die wirklich vollstreckt werden müssen?
Trotzdem wollen wir heute Morgen eine andere Geschichte hören.
Eine Geschichte, wo eine Frau zu Tode verurteilt wird. Das Urteil wird aber am Ende nicht vollstreckt. Es wird aufgehoben.
Wir lesen Johannes 8, 3-11:
3 Da kamen die Schriftgelehrten und die Pharisäer mit einer Frau, die beim Ehebruch ertappt worden war. Sie stellten sie in die Mitte, sodass jeder sie sehen konnte.
4 Dann wandten sie sich an Jesus. »Meister«, sagten sie, »diese Frau ist eine Ehebrecherin; sie ist auf frischer Tat ertappt worden.
5 Mose hat uns im Gesetz befohlen, solche Frauen zu steinigen. Was sagst du dazu?«
6 Mit dieser Frage wollten sie Jesus eine Falle stellen, um dann Anklage gegen ihn erheben zu können. Aber Jesus beugte sich vor und schrieb mit dem Finger auf die Erde.
7 Als sie jedoch darauf bestanden, auf ihre Frage eine Antwort zu bekommen, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer von euch ohne Sünde ist, der soll den ersten Stein auf sie werfen.«
8 Dann beugte er sich wieder vor und schrieb auf die Erde.
9 Von seinen Worten getroffen, verließ einer nach dem anderen den Platz; die ältesten unter ihnen gingen als Erste. Zuletzt war Jesus allein mit der Frau, die immer noch da stand, wo ihre Ankläger sie hingestellt hatten.
10 Er richtete sich auf. »Wo sind sie geblieben?«, fragte er die Frau. »Hat dich keiner verurteilt?« –
11 »Nein, Herr, keiner«, antwortete sie. Da sagte Jesus: »Ich verurteile dich auch nicht; du darfst gehen. Sündige von jetzt an nicht mehr!«
Was würde Jesus zu Beate Zschäpe sagen? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht.
Die Worte Jesu würden mir an dieser Stelle, wenn überhaupt, auf jeden Fall nicht so leicht über den Mund gehen, besonders dann wenn bei einem Menschen, wie bei ihr, keine Schulderkenntnis da ist. Auch die vielen Opfer und ihre Familien könnten sicher den letzten Satz von Jesus überhaupt nicht zu ihr sagen.
Das erwartet auch keiner von ihnen und das würde auch keiner von uns erwarten. Damit wären wir überfordert. Das wäre sogar unmenschlich.
Aber etwas ganz anderes, will uns dieser Text fragen. Wie sehen wir uns selber? Wie sehen wir uns heute?
Darum steht hier vielmehr die Frage im Raum: Was würde Jesus über uns sagen?
Wie sehen wir unsere eigenen Ecken, Macken, Fehler und Versäumnisse? Wie sehen wir unsere eigene Schuld? Wie gehen wir damit um? Sagen wir da nicht einfach viel so leicht, das ist doch halb so schlimm? Decken wir da das Mäntelchen der Harmlosigkeit nicht immer darüber?
Aber bei dem Anderen, bei unserem Mitmenschen, bei unserem Nachbarn, Arbeitskollegen, bauschen wir die gleichen Fehler wer weiß wie auf.
Doch schauen wir uns einmal die Geschichte genauer an.
Offensichtlich geschieht ja erst einmal juristisch gesehen Recht. Das Urteil der Pharisäer und Schriftgelehrten ist rechtens. Man hat eine Frau beim Ehebruch erwischt. Und nach dem mosaischen Gesetz muss das Recht ausgeübt werden. Nun Ehebruch ist heute schon lange kein todeswürdiges Verbrechen mehr. Es ist überhaupt kein Verbrechen mehr, höchstens noch ein Scheidungsgrund. Damals war es ein Verbrechen, Warum aber nur bei der Frau? Das ist sicher die Frage. Die damalige Männergesellschaft hätte im umgekehrten Fall kaum Anstoß an einer Treulosigkeit genommen.
Für Jesus sind die beide Gruppen, die Schriftgelehrten und die Pharisäer, ehrenwehrte Menschen. Auch erkennt er das mosaische Gesetz an. Er sagt von sich, dass er gekommen ist, nicht um es aufzulösen, sondern zu erfüllen.
Und genau dahin wollten die Schriftgelehrten und die Pharisäer ja Jesus bringen: Wie steht er zu dem Gesetz des Mose? Hat es bei Jesus noch Gültigkeit? Und wie ist es dann mit seiner verkündeten Barmherzigkeit gegenüber Sündern?
Die Frau spielt aus der Sicht der Pharisäer und Schriftgelehrten an dieser Stelle nur eine untergeordnete Rolle. Für sie ist die Frau nur Mittel zum Zweck.
Jetzt fordern sie Jesus heraus. Er muss sich entscheiden.
Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber man kann so richtig in dieser Geschichte die Spannung spüren.
Jetzt sitzt Jesus da und schreibt in die Erde. Und dann kommt der eine Satz, der alles verändert. Der eine Satz, der die Welt bis heute veränderte. Der eine Satz an dem sich ganze Generationen von Menschen reiben. Der eine Satz, der aber so viel Energie und Macht hat, dass er auch uns und unser Leben bestimmt und bestimmen will.
Jesus sagt: „Wer unter euch ohne Sünder ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“
Bitte schön - ihr dürft es tun - es ist ja richtig nach dem mosaischen Gesetz - aber prüft euch selbst, ob ihr selbst von ganzem Herzen frei von jeglichem Ehebruch und von jeglicher Schuld seid.
Es ist ja so schön bei der Steinigung, beim Steinwerfen. Jeder wirft einen Stein, aber welcher Stein die Frau getötet hat, das weiß man nicht. Daher war es keiner gewesen. Genau das ändert Jesus - Jesus stellt die Steinewerfer in eine Beziehung zu dem Verurteilten. Er macht sie ihm gegenüber verantwortlich. Nur der, der schuldfrei ist, darf den ersten Stein werfen. Das wäre Jesus selbst.
Für die Schriftgelehrten und Pharisäer waren die Worte Jesu unerträglich. Keine Diskussion, kein Streit. Keine Angriffsmöglichkeit. Klare Worte von Jesus - jetzt mussten sie sich entscheiden - nicht als Gruppe - sie konnten sich nicht auf ihr Kollektivurteil zurückziehen. Das stand ja fest. Die Frau hat den Tod verdient. Jetzt war jeder einzelne gefragt.
Wie entscheidest du Dich? Für Tod oder Leben? Für Verurteilung oder Vergebung? Du kannst dich nicht auf da „man“ oder auf die Gruppe zurück ziehen. Du bist gefragt.
Am Ende sind sie alle gegangen und die, die am lautesten geschrien haben, waren zuerst gegangen.
Jetzt steht Jesus mit der Frau nur noch allein auf dem Platz. Was passiert jetzt? Gibt es nun doch noch ein Urteil?
Nein, zu mindestens kein Todesurteil. Sie erfährt von Jesus das Urteil der Würdigung. Vom Mittel zum Zweck heraus wird sie gewürdigt.
Jesus gibt ihr seine Barmherzigkeit. Er begegnet ihr nicht als Richter, sondern als Heiland.
Eine Mahnung, die so liebevoll kommt, kann wirksamer sein als jedes Urteil.
„Wer unter euch ohne Sünder ist, der werfe den ersten Stein.“
Diese Aussage Jesu richtet sich nun auch heute an uns. Sie ist wie ein Pfeil, der uns trifft, wie ein Achtungszeichen und das ist auch gut so. Darum nehmen wir sie doch heute mit aus diesem Gottesdienst in unseren Alltag.
Wenn wir nur diese Aussage heute aus diesem Gottesdienst in den Alltag heute und morgen mitnehmen, dann ist das viel. Dann sind wir auf dem richtigen Weg, auf dem Weg der Nachfolge von Jesus. Denn an diesem Wort werden wir viel zu buchstabieren haben.
Leben sie einmal in der kommenden Woche ganz bewusst mit diesem Wort im Alltag - in ihrer Familie, bei ihrer Arbeit, in ihrer Kirchgemeinde, in der Gemeinschaft, im Umgang mit ihrer Nachbarschaft, im Umgang mit Menschen, die ihnen begegnen.
Da werden wir merken, wie schwer das uns fällt. Wie schnell urteilen wir den anderen ab. Unsere Gedanken sind da noch recht harmlos. Obwohl sie bestimmen schon unsere Haltung gegenüber dem anderen. Aber aus den Gedanken werden auch schon recht schnell Worte. Worte, die verurteilen und verletzen.
Es ist klar, Schuld und Sünde darf nicht unter den Teppich gekehrt werden. Das macht Jesus in der Geschichte auch nicht. Er sagt nicht zu der Frau: „Es ist nicht schlimm, was du getan hast.“ Er sagt: So verurteile, ich dich auch nicht, sündige aber nicht mehr!“
Es muss manches beurteilt werden und verurteilt werden.
Auch Beate Zschäpe wird für ihre Mittäterschaft bei der NSU im Münchner Oberlandesgericht verurteilt werden müssen.
Schuld bleibt Schuld. Schuldig werden an anderen Menschen trennt mich von Gott und ist darum Sünde.
Doch die Frage ist, wie gehe ich damit um? Prangere ich den anderen laut an? Brülle ich ihn nieder? Mache ich ihn deswegen fertig?
Fühle ich mich dann besser, klüger oder richtiger? Oder bin ich vielleicht deswegen unbarmherzig laut mit der Schuld anderer, weil ich meine eigene überspielen will?
Zu der Frau sagte Jesus:
„Ich verurteile dich auch nicht; du darfst gehen. Sündige von jetzt an nicht mehr!“
Wenn wir uns selber kennen, werden wir barmherziger dem anderen gegenüber. Das will uns Jesus nicht nur sagen, sondern auch zeigen. Er hat uns diese Barmherzigkeit vorgelebt. Darum lasst uns in kleinen Dingen diese Barmherzigkeit im Denken, Reden und Tun in unserem Alltag leben. Unsere Barmherzigkeit kann dem anderen den Weg zu Gott zeigen.
Amen
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