Jesus wendet sich den Menschen zu - und wir?

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Jesus wendet sich den Menschen zu - und wir?

Liebe Gemeinde,
ich möchte mit ihnen heute morgen einmal ein gedankliches Experiment machen.
Stellen sie sich vor, Jesus würde heute hier nach Fraureuth in unsere Kirche kommen. Und er würde zu uns folgendes sagen: Für die nächsten 4 Monate feiert ihr bitte keine Gottesdienste mehr in der Kirche oder in einem kirchlichen Raum, sondern tut es auf den öffentlichen Plätzen des Ortes, wie etwa auf dem Markt, oder am Fabrikgelände oder im Fritz-Heckert-Ring!
Da stellen sich jetzt Fragen an uns:
Wie würden wir reagieren?
Würden wir denn in den nächsten 4 Monaten überhaupt noch Gottesdienst feiern?
Wären wir bereit, uns bei unseren Gottesdiensten so öffentlich zu zeigen?
Wollen wir uns denn als Gemeinde so öffentlich zur Schau stellen?
Wie würden denn unsere Gottesdienste aussehen oder noch besser aussehen müssen?
Würden diese dann anders sein oder genauso?
Nicht von ungefähr werden wir heute mit unserem Predigttext eingeladen, über unser Sein als Christen und als Gemeinde und über unsere Sendung hier in Fraureuth miteinander nachzudenken.
Wie lesen aus dem Matthäusevangelium Kapitel 9 und 10:
Matthew 9:35–10:1 BB
35 Jesus zog durch alle Städte und Dörfer des Landes. Er lehrte in ihren Synagogen und verkündete die Gute Nachricht vom Himmelreich. Dazu heilte er jede Krankheit und jedes Leiden. 36 Jesus sah die große Volksmenge und bekam Mitleid mit den Menschen. Denn sie waren erschöpft und hilflos – wie Schafe, die keinen Hirten haben. 37 Deshalb sagte er zu seinen Jüngern: »Hier ist eine große Ernte, aber es gibt nur wenige Erntearbeiter. 38 Bittet also den Herrn dieser Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt!« 1 Jesus rief seine zwölf Jünger zu sich. Er gab ihnen die Vollmacht, böse Geister auszutreiben und jede Krankheit und jedes Leiden zu heilen.
Matthew 10:5–7 BB
5 Diese zwölf Jünger sandte Jesus aus. Er forderte sie auf: »Nehmt keinen Weg, der zu den Heiden führt! Und geht in keine Stadt, die den Samaritern gehört! 6 Geht stattdessen zu den verlorenen Schafen: den Menschen, die zum Volk Israel gehören! 7 Geht zu ihnen und verkündet ihnen: ›Das Himmelreich kommt jetzt den Menschen nahe!‹
Jesu Erbarmen mit dem Volk
35 Jesus zog durch alle Städte und Dörfer ´jener Gegend`. Er lehrte in den Synagogen, verkündete die Botschaft vom Reich ´Gottes` und heilte alle Kranken und Leidenden.
36 Als er die Scharen von Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl; denn sie waren erschöpft und hilflos wie Schafe, die keinen Hirten haben.
37 Da sagte er zu seinen Jüngern: »Die Ernte ist groß, doch es sind nur wenig Arbeiter da.
38 Bittet deshalb den Herrn der Ernte, dass er Arbeiter auf sein Erntefeld schickt.«
1 Dann rief Jesus seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Vollmacht, böse Geister auszutreiben und alle Kranken und Leidenden zu heilen.
5 Diese Zwölf sandte Jesus mit folgendem Auftrag aus: »Setzt euren Fuß nicht auf heidnisches Gebiet und betretet keine samaritanische Stadt,
6 sondern geht zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel.
7 Geht und verkündet: ›Das Himmelreich ist nahe.‹
Jesus wendet sich den Menschen zu
Vielleicht haben sie sich schon einmal die Frage gestellt:
Warum macht er das?
Warum nahm er all das auf sich, diese Entbehrungen, diese Armut, diese Heimatlosigkeit?
Warum tat das Jesus alles?
Natürlich kann man dafür gleich theologisch gute und auch relevante Erklärungen bringen und von Heilsplan Gottes reden. Das ist zwar richtig, aber es trifft nicht den Kern.
Es ist etwas anderes, was Jesus getrieben hat, diesen Weg zu gehen, den er gegangen ist, den Weg der Wanderschaft, den Weg eines Predigers, den Weg eines Heimatlosen, den Weg der Entbehrung, letztlich den Weg ans Kreuz.
In unserem Bibeltext heißt es: „Als Jesus die Scharen von Menschen sah, ergriff ihn tiefes Mitgefühl; denn sie waren erschöpft und hilflos wie Schafe, die keinen Hirten haben.“
Martin Luther bringt es am besten zum Ausdruck, wenn er schreibt: „Da jammerte ihm“.
Es ist sein großes Erbarmen, das ihn trieb diesen Weg der Entbehrung zu gehen. Und dabei sah er tiefer. Er sah in die Herzen der Menschen. Er sah hinder die Fassaden und Masken. Er sah hinter das Vordergründige.
Er sah alle Not und alles Leid der Menschen. Er sah, wie sie seine Hilfe und Führung, wie sie die gute Nachricht, wie sie das Evangelium brauchten.
Und schon stellt sich die Fragen an uns:
Wie sieht es heute hier in unserem Ort aus?
Wie sieht es bei uns und unseren Mitmenschen aus?
Haben hier die Menschen Orientierung und Halt?
Wissen sie, wo der Weg lang geht?
Wissen sie, wo es zum Weg des Lebens geht?
Und ich will sogar so provozierend fragen: Wissen wir es?
Wenn wir tiefer und genauer hinsehen, werden wir entdecken, wie erschöpft und erschlagen viele unserer Mitmenschen sind, wie oft hinter verschlossenen Türen geweint wird. Und manchmal wird auch tränenlos geweint.
Wie viel Not es bei unseren Mitmenschen gibt, die keiner sieht?
Wie viele Menschen leiden unter ihrem Dasein?
Wie vielen fällt es schwer morgens aufzustehen und dem Tag mit positiven Gedanken und Gefühlen entgegenzusehen?
Wie viele leiden unter körperlichen Beschwerden oder unter psychischen Krankheiten?
Wie viele werden schulisch oder beruflich überfordert oder gar gemobbt?
Sind denn meine Nachbarn niedergedrückt und orientierungslos?
Wie sehe ich meinen Nachbarn?
Gehe ich an ihn vorüber, ohne ihn richtig wahr zu nehmen?
Jesus sieht tiefer. Er sieht auch heute tiefer. Er sieht auch heute hinter alles Fassaden und Masken. Er sieht auch heute in die Herzen. Er weiß auch heute um die Menschen neben uns. Darum gilt auch das, was er seinen Jüngern damals sagte, uns heute. Gerade uns die wir heute hier im Gottesdienst zusammen sind.
Wie oft ertappe ich mich dabei und denke:
Hat es denn noch Zweck das Evangelium von Jesus Christus zu verkünden? Die meisten Menschen haben doch sowieso kein Interesse mehr dafür. Oder man spricht vom „harten Boden“ oder von der „Gottvergessenheit der Menschen“. Alles Worte und Begriffe, die eigentlich Resignation und Rückzug andeuten.
Aber heute wird uns gesagt, Gott sieht da noch Erntepotenzial, wo wir Menschen es schon lange aufgegeben haben, wo wir nichts mehr sehen.
Darum sei unser Gebet, dass wir die Menschen so sehen, wie Gott sie sieht. Dass auch wir zu diesem Erbarmen finden, dass Jesus hat, dass wir aus dieser Liebe Gottes heraus mit den Menschen in Kontakt zu treten und ihnen mit diesem Erbarmen Gottes begegnen.
Die Arbeiter des Himmelreichs waren damals schon zur Zeit Jesu knapp, und auch heute werden sie nach wie vor händeringend gesucht. Darum werden wir ermutigt, ja aufgefordert zu beten, dass der Herr Arbeiter in seine Ernte schicke. Was ist damit gemeint?
Sicher es ist erst einmal richtig und gut, dass jeder in der Gemeinde seinen Beitrag leisten kann, dass das Evangelium zu den Menschen in unserem Ort gebracht wird und den Menschen in ihren Nöten beigestanden wird. Das ist ein Stück Aufgabe der Gemeinde und ihrer Glieder und damit von jedem von uns.
Doch um bestimmte Menschen oder besondere Gruppen auch in unserem Ort zu erreichen, braucht man besonders begabte Menschen. Zum Beispiel um mit Alkoholikern zu arbeiten oder Menschen die soziale Unterstützung benötigen.
Das müssen nicht immer Hauptamtliche sein, aber durch Gottes Geist dazu berufene und begabte. Darum sollte gerade unser Gebet gehen, dass Gott solche Menschen ruft und beruft. Es geht darum, dass Gott Menschen ruft, die ein besonderes Erbarmen haben für bestimmte Menschen.
Ich war am Anfang der Predigt bewusst etwas provokant mit der Schließung der Kirche. Es reicht wirklich nicht, dass wir als Gemeinde oder als einzelner Christ sonntags in der Kirche sitzen und Gottesdienst feiern, uns an unserem eigenem Heil erfreuen, ja sogar noch für die Welt und für unsere Mitmenschen beten, dass sie zur Besinnung kommen. Aber das wars dann auch.
Jesus macht uns deutlich. Es geht nichts ohne das Gebet. Darum ist es die Grundlage aller gemeindlichen Arbeit und aller missionarischen Aktivitäten. Darum ist es wichtig, dass die Gebetsdienste in unserer Gemeinde als Basis unseres Gemeindelebens gefördert und gefordert werden.
Vielleicht finden sie auch selbst Zeit mit dabei zu sein in der Gebetsstunde oder bei den Frauen in Kontakt, aber auch unser Gebets-Newsletter will sie einladen in ihrem persönlichen Gebet für ihre Gemeinde zu beten.
In der Aufforderung Jesu, dass wir den Herrn der Ernte bitten sollen, liegt eigentlich auch schon die Zusagen, dass wenn wir es tun, der Herr der Ernte Arbeiter senden wird.
Und vielleicht sind wir selber diese Arbeiter auf dem Felde und werden ausgerüstet mit Gottes Vollmacht dazu.
Also was will Jesus, das wir morgen am Montag tun?
Das erste ist beten, für seine Ernte hier in unserm Ort und für die rechten Erntehelfer. Gemeinsam und einsam.
Das zweite selbst durch das Gebet das Erbarmen Gottes finden für unsere Mitmenschen, vielleicht auch da, wo wir schon Menschen aufgegeben haben.
Unsere Mitmenschen und ihre Not sehen und wenn es in unserem Vermögen steht ihnen beizustehen.
Wenn wir das alles tun, dann leben wir das Evangelium. Dann wird es verkündigt, ohne dass wir große Worte machen. Und wenn wir dann zur rechten Zeit die rechten Worte machen, sind sie glaubhaft und echt.
Jesus will, das wir gehen, an die Hecken und Zäune dieser Welt, an die Hecken und Zäune unseres Ortes – zu den Menschen in unserem Ort und ihnen aus der Liebe Gottes heraus das Evangelium leben.
Amen.
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