Gott ruft uns heraus, heraus aus dem Alltag

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Predigt Silvester 2010

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Gott ruft uns heraus, heraus aus dem Alltag

Jesaja 30,8-17
8 So geh nun hin und schreib es vor ihnen nieder auf eine Tafel und zeichne es in ein Buch, dass es bleibe für immer und ewig.
9 Denn sie sind ein ungehorsames Volk und verlogene Söhne, die nicht hören wollen die Weisung des HERRN,
10 sondern sagen zu den Sehern: »Ihr sollt nicht sehen!«, und zu den Schauern: »Was wahr ist, sollt ihr uns nicht schauen! Redet zu uns, was angenehm ist; schaut, was das Herz begehrt!
11 Weicht ab vom Wege, geht aus der rechten Bahn! Lasst uns doch in Ruhe mit dem Heiligen Israels!«
12 Darum spricht der Heilige Israels: Weil ihr dies Wort verwerft und verlasst euch auf Frevel und Mutwillen und trotzt darauf,
13 so soll euch diese Sünde sein wie ein Riss, wenn es beginnt zu rieseln an einer hohen Mauer, die plötzlich, unversehens einstürzt;
14 wie wenn ein Topf zerschmettert wird, den man zerstößt ohne Erbarmen, sodass man von seinen Stücken nicht eine Scherbe findet, darin man Feuer hole vom Herde oder Wasser schöpfe aus dem Brunnen.
15 Denn so spricht Gott der HERR, der Heilige Israels: Wenn ihr umkehrtet und stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein. Aber ihr wollt nicht
16 und sprecht: »Nein, sondern auf Rossen wollen wir dahinfliehen«, - darum werdet ihr dahinfliehen, »und auf Rennern wollen wir reiten«, - darum werden euch eure Verfolger überrennen.
17 Denn euer tausend werden fliehen vor eines Einzigen Drohen; ja vor fünfen werdet ihr alle fliehen, bis ihr übrig bleibt wie ein Mast oben auf einem Berge und wie ein Banner auf einem Hügel.
Liebe Gemeinde!
Der Liederdichter Manfred Siebald dichtete und sang vor vielen Jahren ein Lied, aus dem ich zwei Strophen zu Beginn vorlesen möchte:
„Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen, nur nicht das Gesicht verlieren und am besten gar nicht rühren. Gar nicht erst damit befassen, nur nicht irre machen lassen. Sagte jener Herr, dem man erklärte, dass sein Fahrschein zwar in Ordnung, doch der Zug, in dem er saß der falsche sei. Und er hob mit vielen Argumenten zu beweisen an, dass man das nicht so sagen kann: die Gegend sei doch angenehm und auch der Sitz sei sehr bequem.
Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen, nur nicht das Gesicht verlieren und am besten gar nicht rühren. Gar nicht erst damit befassen, nur nicht irre machen lassen. Sagen sich so viele, wenn sie hören, dass ein Leben ohne Christus letztenendes in die falsche Richtung läuft.
Ewigkeit, wieso denn das? Man hat doch eine Menge Spaß und freut sich über dies und das, und ehe man sich ändern will, da ist man lieber einfach still.“
Dies Lied trifft haargenau die Stimmung des jüdischen Volkes zur Zeit Jesajas. „Lasst uns doch in Ruhe mit dem Heiligen Israels!“ Genau das mussten die Propheten Gottes hören. Nicht dass man nichts mehr mit diesem Gott zu tun haben wollte, für gewisse Dinge war er noch ganz gut zu gebrauchen. Aber man wahr eben unzufrieden mit der Verkündigung seiner Boten. Man wurde ständig von denen in Frage gestellt, man hätte sich also immer damit auseinandersetzen müssen; man hätte sich selbstkritisch prüfen müssen im Spiegel der Gebote Gottes. Das wollte man eben nicht!
Welch ein Aufwand, welch ein Stress für das eigene Gewissen. Nein, das wollte man nicht, sondern man wollte vom lieben Gott hören, von einem Gott, der zu einem sagt: Du bist ganz o.k., man kann dich gebrauchen. Von einem Gott, der sich nur darauf beschränkt, Lückenbüßer zu sein
für die dunkle Stunden im Leben, der nicht eifersüchtig ist, wenn man mal auf ihn verzichtet, solange es gut läuft,
der auch nicht eifersüchtig ist, wenn ich mir die schönen Dinge des Lebens nehme, ohne das mit ihm im Gebet abzustimmen und ihm immer gleich für alles zu danken.
Eben einen Gott, bei dem es reicht, wenn so ab und an mal aufkreuzt und sagt: „ Hallo ich bin auch noch da – mich gibt es noch!“ Einen Gott, der uns die wenigen Freuden des Lebens nicht vermiesen wird, der uns ja schließlich das Leben gegeben hat, um es zu genießen. Steht ja sogar in der Bibel: Es ist uns gegeben um zu genießen.
Darum ist das doch recht wenn die Leute das von den Propheten verlangen oder etwa nicht: „Redet zu uns, was angenehm ist; schauet, was das Herz begehrt!“
So hören es jeden Tag Jesaja und seinen Kollegen Und Gott, der Gott Israels, der den Jesaja sandte, hatte sich sogar mit dieser Situation abgefunden. Die harte Botschaft soll darum der Prophet nicht mehr zu den Leuten reden, sondern in ein Buch aufschreiben. Damit wird aber klar: Gottes Wort bleibt – auch wo es nicht gehört wird.
Und Gott lässt den Propheten aufschreiben, damit in späteren Generationen diejenigen gewarnt werden, die sich einen honigsüßen Gefälligkeitsgott zurechtgebastelt haben, die meinen, wenn sie Gott begegnen, dann müsse sich auf ihrer Seite nichts ändern, die meinen, sie brächten die besten Voraussetzungen mit, bei ihnen sei alles gut. Es müsse sich nur einer ändern, das wäre Gott.
Weil die Leute ihre Ohren für die göttlichen Worte und Weisungen verschlossen haben, lässt Gott den Propheten schreiben das genau das Sünde ist. Das ist eine Sünde, die nicht ohne Folgen bleibt. „Darum spricht der Heilige Israels: Weil ihr dies Wort verwerft und verlasst euch auf Frevel und Mutwillen und trotzet darauf, so soll euch diese Sünde sein wie ein Riss, wenn es beginnt zu rieseln an einer hohen Mauer, die plötzlich, unversehens einstürzt.“
Ich weiß nicht wer von euch es mitbekommen hat, dass in Lutselus in Belgien 4 Stunden nach der Mitternachtsmesse am Heiligen Abend die Kirche eingestürzt ist. Schuld daran sind wahrscheinlich die großen Schneemassen auf dem Dach. Keiner hat etwas gemerkt, dass die Statik nicht stimmt, dass irgendwo ein Riss ist. Doch mit einmal stürzte alles zusammen. Gott sei Dank war niemand mehr in der Kirche.
Was Gott so sehr beschwert, ist nicht in erster Linie, dass die Menschen seine Gebote nicht alle halten, sondern dass sie sich in der Übertretung der Gebote gefallen, das sie auf ihrem Frevel bestehen, darin geradezu ein Recht sehen, das sie sich nehmen. Es macht ihnen Spaß gegen Gottes Gebote zu handeln.
Das betrifft Übertretungen aller Gebote, das betrifft die Sünde gegen die Eltern oder Kinder, das betrifft die Schädigung von Leib, Eigentum und Ehre des Nächsten, das betrifft die Steigerung des eigenen Lebensgenusses sei es im Bereich der Sexualität, des Besitzes oder des eigenen Ansehens über die Grenzen des von Gott Erlaubten hinaus.
Dass Sünden in all diesen Bereichen vorkommen – auch im Volk Gottes –, das weiß Gott; und darum gibt er uns ja seine guten Gebote, damit wir sie erkennen, darum ruft er uns zur Umkehr und bietet uns Vergebung an, damit wir aus der Sünde herausfinden.
Das Beharren auf der Sünde freilich, das Verschließen der Ohren und des Herzens gegenüber dem Ruf zur Umkehr hat für die Menschen schlimme Folgen. Sie gleichen einer hohen, stolzen, scheinbar unumstößlichen Mauer. „Uns haut nichts um“, so meinen sie.
Aber in Wirklichkeit zieht sich - anfangs unsichtbar - quer durch die hohe Mauer, quer durch das stolze Herz ein Riss, ein Riss, der breiter und breiter wird, bis er in aller Hässlichkeit sichtbar wird, bis man ihn schließlich auch nicht mehr mit schönen Worten zu kleistern kann, bis schließlich die einst so stolze Mauer, das einst so selbstsichere und lebensfrohe Herz „plötzlich und unversehens“ wie unser Wort sagt, einstürzt.
Da bleibt zwischen der Selbstberuhigung „Nur nicht aus der Ruhe bringen lassen“ und dem Zusammenbruch keine Zeit. Denn der Übergang vom blühenden Leben zum Tod vollzieht sich plötzlich. Der Riss durchs Herz, der Riss zwischen Gott und Mensch, der anfangs nur klein schien und doch nur die unangenehme Seite der göttlichen Botschaft betreffen sollte, dieser Riss wird irgendwann ein endgültiger Bruch.
Liebe Gemeinde! Es ist ein scharfes Wort, das uns da zum Jahreswechsel als Predigttext aufgegeben ist. Aber wenn es uns nun möglicherweise so geht wie den Menschen damals in Juda, dass wir weg hören wollen, dann lasst uns wenigstens vorher zu Ende hören, was Gott da seinem Propheten zu schreiben aufträgt.
Gott will uns nämlich in der Tat in Ruhe lassen, allerdings ganz anders, als es die Menschen von ihm verlangten. Gott ruft uns heraus, heraus aus dem Alltag, heraus aus den Belastungen des Lebens, heraus aus den Befürchtungen vor der Zukunft, heraus aus den vielen Aktivitäten, denen wir nachjagen, weil wir Angst haben, wir würden zu kurz kommen.
Er ruft uns auf, erst einmal zur Ruhe zu kommen. Die Empörungshaltung, die Verteidigungsstellung, das Davonrennen vor ihm abzulegen. Einfach dazusitzen und ihm zuzuhören, dazu ruft er uns auf.
Freilich wäre das schon eine Revolution, wenn es wirklich gelänge, dass wir Ruhe finden für Gott. Die Bibel nennt es nicht Revolution, sondern Umkehr. Umkehr heißt: Ich höre auf, vor Gott wegzurennen, ich halte an, ich höre auf seinen Ruf, ich drehe mich um, um frei zu sein von allem, was mir den Kopf verdreht hat, um frei zu werden für das Wort meines Schöpfers.
Darauf liegt eine große Verheißung. „Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ Man könnte das auch übersetzen: „Durch Hören und Glauben würdet ihr stark sein.“ Gott will zu uns sprechen, darum sollen wir still werden. Nur wer selber schweigt, kann andere hören.
Das Wort aber, das Gott zu uns sprechen will, ist ein gutes Wort. Nicht ein solches Wort, wie es die Menschen vom Propheten gefordert hatten, ein Wort, das uns bestätigt, das uns so lässt, wie wir sind, das uns sagt: du bist o.k., mach ruhig weiter so.
Nein, Gottes Wort will in uns eine heilsame Lebenshaltung schaffen. Die Ruhe vor Gott soll zum Lebensinhalt werden. Das Hören auf Gott soll das ganze Leben durchdringen.
Das hieße dann: Bevor ich etwas tue, entscheide, frage ich nach Gottes Wort und Willen.
Wer sich solche Wegweisung aus den Geboten Gottes geben lässt, der wird entdecken, dass diese Gebote uns gerade zu unserem Wohl gegeben sind. „Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ Das heißt, dass ich auf Gott vertrauen darf, wenn nicht alles sofort so läuft, wie ich es mir wünsche. Gott macht den stark, der sich zu ihm hält.
„Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“ Das heißt, dass die Risse in unserem Leben geheilt werden unter dem Wort unseres Gottes. Es wird nicht ausbleiben, dass da Risse auftreten, dass wir in Sünden fallen. Wichtig, lebenswichtig ist es aber, dass wir mit unseren Rissen und Sünden dahin gehen, wo wir Heilung und Vergebung finden, wo wir die Kraft geschenkt bekommen, ohne diese Sünde weiterzuleben, eben bei Jesus Christus.
Wo wir vor unserem Gott und seinem Wort stille und empfangsbereit werden, wo wir in den Gaben seines Sohnes den Liebeswillen des himmlischen Vaters zu uns entdecken und empfangen, dort haben wir den Himmel schon auf Erden und in Ewigkeit. Amen.
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