Predigt (Joh 3,1-8.14-16)

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Schwere Geburt

Im Mai ‘22 habe ich auf dem Christival Helene zum ersten Mal gesehen. Ich war direkt verliebt, sie war zumindest nicht ganz abgeneigt und wir haben uns ein zweites Mal getroffen und auch Nummern ausgetauscht. Danach haben wir erstmal lange Zeit geschrieben und telefoniert und im Juli kam sie dann an einem Wochenende zu Besuch. Und eines der ersten Gesprächsthemen (nach einer kurzen “Vorstellungs- und Fragerunde” am Abend zuvor) am familiären Essenstisch waren diverse Geburtsgeschichten – insbesondere die meine, da selbige ja durch meine 5-wöchige Verfrühung eine gewisse Dramatik enthält. Ähnliches begegnet uns in dem heutigen Predigttext, den wir im dritten Kapitel des Johannesevangeliums finden. Ein Mann, ein Pharisäer kommt zu Jesus und dieser redet mit ihm erstmal über das Thema “Geburt”.
Ich lese also Joh 3, die Verse 1 bis 8. -> lesen
Jesus bekommt “Hohen Besuch” - einer der “führenden Männer des Volkes”, ein “Lehrer Israels”, wie es in V 10 heißt, kommt des Nachts zu ihm und nicht, um ihn zu belehren oder zu prüfen, sondern um mit ihm zu reden, vlt sogar von ihm zu lernen. Nikodemus bezeichnet Jesus als “Rabbi”, als “Lehrer” und stellt ihn damit mindestens mal auf eine Stufe mit sich selbst und er bekennt, dass Jesus, da er so vollmächtige Wunder tut, ein von Gott gesandter Lehrer sein muss. Und was macht Jesus? Er redet von einer Geburt, von einer Neugeburt, um genau zu sein -> Vers 3 lesen.
Damit ändert er die Perspektive. Während Nikodemus die äußeren Zeichen und Wunder, die Jesus tut, wahrnimmt und anspricht, redet Jesus jetzt von einer inneren Neugeburt, die jeder Mensch nötig hat, um das Reich Gottes “zu sehen”.
“Sehen” bedeutet in diesem Zusammenhang so viel wie “erleben”. Es geht also ums Ganze. Es geht um die Ewigkeit, es geht um das Reich Gottes.
Die Voraussetzung nun für eine Ewigkeit mit Gott in seinem Reich – also um, wie wir sagen würden, “in den Himmel zu kommen” – ist nicht, dass wir Jesus interessant finden, seine Wunder oder Lehren bewundern oder ihn als gutes Vorbild sehen, es ist eine Geburt - eine Geburt ἄνωθεν wie es im griechischen Text heißt. Dieses Wort ist recht interessant, da es sowohl “von neuem”, als auch “von oben” bedeuten kann. Die Antwort von Nikodemus legt nahe, dass es hier in erster Linie als “von neuem” zu verstehen ist, doch die andere Bedeutung ist, wie wir später sehen werden, hier auch von Bedeutung; diese Neugeburt kann nur “von oben”, also von Gott her geschehen.
Jesus zeigt hier also, wie radikal wir Menschen uns wandeln müssen, um “in den Himmel zu kommen”, um zu Gott zu kommen.
Nikodemus ist vermutlich in der Erwartung zu Jesus gekommen, zu erfahren, was er noch besser machen kann, um das Reich Gottes herbeizuführen. Dafür müssen wir das jüdische Denken der Zeit verstehen, denn Reich Gottes war für sie nicht in erster Linie “der Himmel”, wie wir es heute sagen würden, sondern eine reale weltliche Herrschaft, die der von Gott gesandte Messias auf dieser Erde aufrichten wird. Aber damit dies geschieht, müssen sie das Kommen des Messias vorbereiten und die Pharisäer, also die Gruppe, der Nikodemus angehörte, meinte, dies eben dadurch zu tun, dass sie und ganz Israel eben ganz genau die Gebote Gottes halten – wenn z.B. mal nur einen Sabbat von ganz Israel gefeiert werden würde, dann, so die Erwartung, würde der Messias kommen. So hat Nikodemus vermutlich praktische Anweisungen von Jesus erwartet - “spende mehr”, “faste zwei Tage länger”, “bete mehr”, oder was auch immer. Doch Jesus zeigt, dass all unsere Bemühungen und auch alle Faszination, die Nikodemus und auch wir evtl. bereits von Jesus haben, alles nicht ausreichen. Es braucht keine größeren Anstrengungen oder mehr Wissen, es braucht einen kompletten Wandel, eine Veränderung unseres Wesens selbst – wie, wenn aus einer Raupe ein Schmetterling wird. Eine “Neugeburt” ist notwendig.
Vielleicht versteht Nikodemus Jesu Aussage nicht. Vielleicht versteht er sie aber gerade doch und bringt mit seiner Frage das jüdische Denken seiner Zeit zum Ausdruck: “So eine radikale geistliche Neugeburt kann nur in Verbindung mit einer leiblichen Neugeburt von Statten gehen”. Letztendlich können wir es nicht wissen. Doch was wir in V 4 an seiner Frage erkennen können ist dies: Er fragt, was ein Mensch, was wir Menschen tun können, um dies zu erlangen und zeigt im gleichen Schritt, dass so eine Neugeburt für uns unmöglich ist.
Die Predigt sollte also vielmehr den Titel “unmögliche Geburt” haben, denn Nikodemus hat vollkommen Recht. So radikal können wir Menschen uns nicht ändern, wir schaffen es nicht. Wir können zwar an uns arbeiten und uns vlt etwas “verbessern”, aber unser Wesen können wir nicht ändern. Ich weiß nicht, was du vlt in deinem Leben hast, wo du dir schon so oft vorgenommen hast, es zu ändern, dich zu bessern und du wirst es nicht los – und das ist nur ein so geringer Teil unseres ganzen schlechten Verhaltens. Und halten wir dann Gottes Maßstäbe, die er uns in seinem Wort, in der Bibel offenbart hat an unser Leben, sieht es noch schlimmer aus... Wir können es nicht schaffen. So eine Neugeburt ist unmöglich - zumindest für uns Menschen.
An dieser Stelle steht nun also Nikodemus, stehen wir – vor einem unmöglichen Anspruch. Und darauf antwortet jetzt Jesus.   ->lesen V 5-8
Er antwortet (im Griechischen) mit der gleichen Formulierung wie in Vers 3. “Wahrlich, wahrlich, ich sage dir, wenn jemand nicht ...” - und macht damit deutlich, wie zentral das ist, was er hier sagt - aber nun folgt, anders als in Vers 3, nicht “von neuem geboren wird”, sondern “aus Wasser und Geist geboren wird”. Jesus geht also auf Nikodemus ein und führt seine Aussage aus und beschreibt nun, wie diese Geburt “von neuem” aussieht, nämlich dass jemand “in Wasser und Geist” geboren wird. Es geht also um eine “geistliche Geburt”.
“Geist” bezieht sich auf den Heiligen Geist. Also Gottes Geist, den er jedem schenkt, der zu ihm gehört (Tit 3,5-6).
Etwas schwieriger wird es evtl. bei dem Begriff “Wasser”. Was ist mit Wasser gemeint? Warum müssen wir "aus Wasser geboren werden”?
Eine so enge Verbindung zwischen “Wasser” und “Geist” wie hier in Joh finden wir auch schon im Alten Testament, also in dem Teil der Bibel, der vor Jesu Leben stattgefunden hat. In Hesekiel 36,25-27 lesen wir: lesen
Gott “reinigt” uns also mit “reinem Wasser”. Das ist das Wasser der Taufe; wie wir auch in 1Petr 3,21 lesen -> lesen
Durch diese Taufe werden wir reingewaschen.
Wir empfangen also durch die Taufe, also dadurch, dass wir von all dem “Schmutz unseres Lebens” - all den schlechten Gedanken, bösen Taten, den großen und kleinen Sünden - “bereinigt” werden, und den Heiligen Geist, also dadurch, dass Gott selbst in unser Leben kommt, diese “geistliche Geburt”, durch die wir neugeboren werden müssen, um Gemeinschaft mit Gott zu haben. Kurz: Wir müssen von aller Schuld bereinigt werden und Gott muss in unser Leben kommen.
Spätestens jetzt wird Nikodemus und auch uns klar, dass uns das unmöglich ist.
Und Jesus weiß das. Deswegen sagt er in Vers 6, dass was menschlich geboren wird, stets menschlich bleibt – also, dass wir keinerlei Möglichkeit von uns selbst haben, diese geistliche Neugeburt zu “machen” oder uns zu verdienen. All unsere Bemühungen und Anstrengungen werden niemals ausreichen. Wir kommen mit den Scherben unseres Lebens zu Jesus, um zu fragen, wie wir es vlt noch etwas besser kleben können und Jesus sagt uns, dass wir es niemals wiederherstellen können, wie sie sein sollte.
Wir müssen aus Gottes Geist geboren werden für diese geistliche Neugeburt.
Daher, so zeigt uns Jesus in Vers 7, ist bei dem ἄνωθεν - das gibt die Basisbibel sehr gut wieder – auch der Aspekt “von oben” gemeint: Für diese radikale geistliche Neugeburt brauchen wir Gottes Eingreifen.
Um dies zu unterstreichen, erklärt Jesus das Problem durch ein Gleichnis. Durch den Wind. ”Wind” und “Geist” sind im Griechischen dasselbe Wort, was diesen Vergleich noch eindrücklicher Macht. Ebenso wie wir Menschen den Wind nicht erklären, geschweige denn beeinflussen können und lediglich sein Rauschen mitbekommen, können wir auch den Geist nicht erklären oder beeinflussen. Wir können zwar, wie wir den Wind z.B. in den bewegten Baumwipfeln sehen, die Auswirkungen von Gottes Geist im Leben der Gläubigen sehen, z.B. durch die Früchte des Geistes: “Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Rücksichtnahme und Selbstbeherrschung”, von denen Paulus im Galaterbrief redet, aber schenken kann ihn nur Gott.
Wir können also nichts, gar nichts tun, um diese neue Geburt, um diese geistliche Geburt zu erhalten. Wir können sie nur von Gott geschenkt bekommen. Und dennoch ist sie doch das zentrale Kriterium für ein Leben – jetzt und in Ewigkeit – mit Gott.
Wo lässt uns das jetzt, wenn wir wie Nikodemus zu Jesus kommen? Wir stehen vor einer unüberwindlichen Klippe, vor einem irreparablen Schaden. Wir brauchen diese komplette Veränderung unseres Wesens, aber können diese nicht herbeiführen. Wir stehen mit unserem zerbrochenen Leben vor Gott und können rein gar nichts tun, um es auch nur aufzuhübschen, geschweige denn in Ordnung zu bringen. Nikodemus’ Frage ist nachvollziehbar: “Wie kann dann das, was Jesus hier beschreibt, geschehen?” Was können wir tun, wenn wir nichts tun können?
Jesus lässt ihn und lässt uns aber nicht mit dieser Frage alleine. Er antwortet. Ich überspringe jetzt ein paar Verse, die ich jedem aber empfehle, selbst nachzulesen, zu Vers 16, dort heißt es: -> Joh 3,16 lesen
Gott ist unser zerbrochenes Leben nicht egal, ganz im Gegenteil. Er liebt uns so sehr, dass er seinen einzigen Sohn – Jesus Christus - sendet, um alles in Ordnung zu bringen. Wir kommen mit den Scherben unseres zerbrochenen Lebens zu ihm und er schenkt uns ein neues, besseres, durch das, was Jesus getan hat.
Unsere geistliche Neugeburt, unsere Geburt ἄνωθεν wird ermöglicht durch eine tatsächliche, leibliche Geburt – die Geburt Jesu; sein Leben, Sterben und Auferstehen. Er hat alles getan. Er hält das Wasser bereit, mit dem wir gereinigt werden können, weil er dafür mit seinem Blut bezahlt hat. Er ist bereit, selbst durch seinen Geist in unser Leben zu kommen, weil wir ohne ihn verloren sind. Und wir können nichts dafür tun; nichts außer an ihn zu glauben, denn jeder, du und ich, der an ihn glaubt, wird eben nicht mit seinen Scherben, vor diesem unüberwindbaren Abgrund zurückgelassen, sondern wird durch Jesus gerecht gesprochen und kann das erhalten, was wir uns selbst niemals hätten erarbeiten und verdienen können. Die Frage ist: Glaubst du?
Das ist die Botschaft des Evangeliums. Der dieses Jahr zu Gott gegangene Theologe Timothy Keller fasst es so zusammen:
“The gospel says you are simultaneously more sinful and flawed than you ever dared believe, yet more loved and accepted than you ever dared hope.”
Oder auf Deutsch und leicht paraphrasiert:
Das Evangelium zeigt mir:
»Ich bin sündiger, als ich befürchtet habe, und in Jesus geliebter, als ich jemals gehofft habe.«
Das ist Jesu Botschaft in Johannes 3 für Nikodemus und für jeden von uns: Wir können nichts tun, um uns Gemeinschaft mit Gott oder seine Liebe zu verdienen oder sie irgendwie zu vermehren (im Gegenteil haben wir vielmehr eher alles getan, um sie uns “zu verspielen”) – wir können sie uns nur, wie ein Kind schenken (vgl Mk 10,15) lassen, indem wir an ihn glauben.
Also: Lasst uns auf diesen Jesus schauen. Wenn du nun zum ersten Mal verstanden hast, was das Evangelium wirklich bedeutet, dann versuche nicht einfach weiterhin, die Scherben deines Lebens mehr schlecht als recht zu kleben, sondern komm zu Jesus, gib es ihm, er wird dir ein neues Leben von ewigem Bestand schenken. Vielleicht hast du diese Neugeburt aber bereits erlebt. Dann hoffe ich, dass du jetzt vlt dennoch die Größe dieses Geschenks ein Stück weit mehr oder wieder neu verstanden hast, dessen wahres Ausmaß wir vermutlich erst verstehen, wenn wir vor Gott stehen oder vlt, wie ich, wieder neu erkennst, dass wir uns Gottes Liebe niemals verdienen können, sondern sie uns immer gleichermaßen gilt – als Geschenk... Aber dann will ich dich und uns auffordern: Lasst uns unserem Herrn dafür danken. Jetzt in der Weihnachtszeit danken wir so vielen Menschen für Geschenke – egal, ob wir uns über die neuen Wollsocken freuen oder nicht – lasst uns unserem Gott für dieses größte und ewige Geschenk danken und ihn für seine Liebe loben. Und jetzt läuft Jesus ja nicht mehr leiblich über diese Welt. Menschen können nicht mehr so direkt zu ihm abends aufs Dach kommen und das Evangelium erklärt bekommen. Also sind wir in der Pflicht und ja auch von Jesus selbst berufen, das für ihn zu übernehmen. Es liegt jetzt an uns, diese frohe Botschaft den Menschen dieser Welt zu bringen und ihnen zu zeigen, dass sie, wie auch wir, “sündiger sind, als wir befürchtet haben und gleichzeitig geliebter, als wir je hoffen könnten”. Dein Nachbar, dein Freund, deine Freundin, dein Mitbewohner – Menschen in deinem Umfeld sind wie du und ich eingeladen diese Botschaft zu hören und zu Jesus zu kommen. Und wer wird es ihnen sagen, wenn nicht du?
Im Gespräch mit Jesus haben wir gesehen, dass wir vor einem viel größeren Problem stehen als wir vlt denken. All unsere Bemühungen werden niemals ausreichen, um alles in Ordnung zu bringen – wir brauchen eine komplette Neugeburt, um zu Gott kommen zu können. Aber diese Neugeburt können wir nicht selbst herbeiführen; Gott muss sie uns schenken, indem er uns von den Sünden - all den schlechten Dingen in unserem Leben und unserer Vergangenheit – befreit und uns seinen Geist schenkt – Gott muss diese geistliche Neugeburt schenken. Wir sind vollkommen machtlos. Und hier kommt das Evangelium, die Frohe Botschaft Gottes, dass wir ihm, selbst in diesem Zustand, nicht egal sind, sondern er uns liebt und retten will. Dazu kam Jesus auf die Erde, hat er gelebt, gelitten und ist gestorben und auferstanden, damit für uns diese Neugeburt nicht mehr unmöglich ist, sondern wir, wenn wir an ihn glauben und ihm unser Leben geben, gerettet werden und ein neues ewiges Leben geschenkt bekommen, welches wir in ewiger Gemeinschaft mit Gott leben können - in dem Wissen, dass uns seine Liebe gilt, unabhängig davon, was wir getan haben oder tun.
Und so schließe ich mit den Worten, die am Ende des Johannesevangeliums stehen:
31Was aber in diesem Buch steht, wurde aufgeschrieben, damit ihr [festbleibt in dem Glauben] glaubt: Jesus ist der Christus, der Sohn Gottes! Wenn ihr das glaubt, habt ihr das wahre Leben durch ihn!
Amen.
Jetzt soll kurz Zeit sein, über diese Stelle und dieses Gespräch, auch durch Gespräch, zu reflektieren. Ihr habt ja vermutlich schon gemerkt, dass die Sitzordnung heute etwas anders ist und dass Stifte und Zettel auf den Tischen liegen. Denkt über diese Botschaft des Evangeliums nach, schreibt euch gerne auf, was ihr euch mitnehmen wollt, oder kommt gemeinsam darüber ins Gespräch. Kennt ihr diese Botschaft des Evangeliums – was muss vlt noch geklärt werden? Habt ihr es angenommen oder welche Fragen habt ihr vlt noch? Wer in eurem Umfeld muss diese Botschaft hören oder seid ihr es selbst, seid ihr es selbst, die es hören müssen? Denkt darüber nach alleine oder gerne auch gemeinsam.
Nach ein paar Minuten wird hier das Musikteam auf die Bühne kommen und uns in den Lobpreis führen. Dort dürfen wir dann gemeinsam Gott auf diese Botschaft antworten.
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